„Schreib!“ – Interview mit (Rollenspiel)Autor Tom Finn

Thomas Finn
 wurde 1967 in Chicago geboren, wuchs in Deutschland auf und lebt heute in Hamburg. Während seines Studiums arbeitete er als Redakteur und freier Mitarbeiter für zahlreiche Magazine des phantastischen Genres, darunter die Magazine „ZauberZeit“ und „Nautilus“. Außerdem verfasste er viele Abenteuer für verschiedene Rollenspielsysteme.

Thomas Finn, vom Rollenspieler zum erfolgreichen Autor.

Hauptberuflich arbeitet er heute als Roman-, Spiele-, Theater- und Drehbuchautor; dabei enstanden und entstehen Produktionen für ARD, Sat1 und NDR, Aufführungen für das Alte Schauspielhaus Stuttgart, das Theater Baden-Baden und die Festspiele in Breisach, sowie Publikationen bei Piper, Heyne und Ravensburger. Vor allem für seine Arbeit an Das Schwarze Auge ist er in der Szene bekannt. Mein persönlicher Favorit aus Toms Feder ist „Über den Greifenpass“, dass ich bis heute für eines der besten Abenteuer halte, um neue Spieler in die Welt Aventurien und ins Rollenspiel generell einzuführen. Ob er das auch so sieht – und viele weitere Fragen – beantwortet er im Interview. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank, dass Du dir die Zeit dafür genommen hast!

  1. Hallo Tom, das Wichtigste vorweg: Woran scheibst Du gerade?

Tom Finn: Derzeit schreibe ich zusammen mit meiner Kollegin Lena Falkenhagen am ersten Teil der Simyala-Buchreihe, die im Frühjahr 2025 bei Piper startet. Sie basiert auf unserer gleichnamigen Pen&Paper-Rollenspiel-Kampagne für das Spielsystem Das Schwarze Auge, für das wir lange Jahre als Redakteure verantwortlich waren. Es macht gerade viel Spaß, wieder so intensiv in die Welt Aventurien einzutauchen.

  • Diese Frage kann man vermutlich sehr lang beantworten aber vielleicht gibt es auch eine Kurzversion: Was unterscheidet das Schreiben eines Romans vom Schreiben eines Rollenspiel-Abenteuers?

Tom Finn: Ein ganz wesentlicher Unterschied besteht darin, dass sich ein Kauf-Rollenspielabenteuer an dir unbekannte Spieler und Charaktere richtet. Grundsätzlich muss es so verfasst sein, dass es bei möglichst vielen Spielgruppen funktioniert. Die Handlung muss Szenen und Bühnen enthalten, vor denen unterschiedlichste Charaktere glänzen können.

Schreibst du hingegen einen Roman, dann kannst du dir die handelnden Figuren aussuchen. Das ist Fluch und Segen zugleich. Denn die Protagonisten eines Romans sind stets auf eine Charakterentwicklung angelegt, was sich bei den Figuren am Spieltisch so intensiv nicht unbedingt vollzieht.

Diese Notwendigkeit beeinflusst dann natürlich auch massiv die Romanhandlung.

Da Lena und ich mit der Simyala-Kampagne aktuell eine sehr beliebte Rollenspielkampagne in die Belletristik übertragen, erleben wir diese Unterschiede gerade real life. Da ist es dann durchaus auch mal notwendig, gesetzte Szenen und Abläufe der Rollenspielvorlage etwas abzuändern oder mit einem neuen Spin zu versehen, damit die Geschichte auch im Kontext einer Romanhandlung spannend bleibt.

  • Was darf man sich unter solchen Änderungen oder einem solchen neuen Spin vorstellen?

Tom Finn: Im Wesentlichen, dass die Romanvariante der ursprünglichen Abenteuer-Trilogie keine stupide Nacherzählung der bekannten Rollenspielabenteuer wird. Unser Ziel ist es ja, sowohl jene Fans aufregend zu unterhalten, die die Kampagne bereits als Spieler erlebt haben. Aber auch echte Neuleser gegebenenfalls dafür zu gewinnen, die Original-Kampagne nach Lektüre der Romane mit einer eigenen Spielgruppe nachzuerleben.

Für den Roman bedeutet das, dass der Leser, der die zugrunde liegenden Abenteuer kennt, durchaus auch mal kleinere Anpassungen erlebt, die so explizit nicht in den Originalabenteuer enthalten waren. Außerdem werden wir in den Romanen ein bis zwei komplett neue Handlungsstränge einbauen, die auch die Kenner der Kampagne überraschen werden.

  • Gibt es im Rollenspielbereich eine Veröffentlichung, auf die Du ganz besonders stolz bist?

Tom Finn: Oje, das ist schwierig, da ich alle meine Rollenspielabenteuer noch immer mag. Da gibt es keines, bei dem ich sagen würde, ‚Hätte ich das Ding doch bloß nicht geschrieben‘. Aber wenn du mich schon so fragst, dann würde ich vielleicht auf folgende drei Abenteuer verweisen.

Zum einen Tempus Fugit, ein Abenteuer für H.P. Lovecrafts Cthulhu, das du zu meiner großen Freude bis heute in allen Ausgaben der Deutschland-Quellenpublikationen findest. Der Einstieg in das Abenteuer dürfte jedenfalls zu den unvergesslichsten Episoden zählen, die ich je für Rollenspieler kreiert habe.

Zum anderen Schreie in der Nacht. Ein Abenteuer, das in der alten Garetienbox von Das Schwarze Auge enthalten war, ebenfalls über einen bemerkenswerten Einstieg verfügt, und in dem ich all das umgesetzt habe, was ich unter einem coolen Fantasy-Stadtszenario verstehe.

Und natürlich Ein Hauch von Moder. Ein vampirisches Fantasy Univeral Abenteuer, mit dem ich 1992 den Leserpreis der ZauberZeit gewann, jenes große Fantasy- und Rollenspielmagazin, mit dem damals meine professioneller werdende Schreibkarriere überhaupt startete. Zu meiner Freude wird das Abenteuer in Bälde neu veröffentlicht.

  • Weißt Du noch, woher die Inspirationen für deine ersten Abenteuer kamen?

Tom Finn: Nein, nicht wirklich. Von meiner Begeisterung für die Phantastik? Die allerersten Abenteuer waren aber auch nur bessere Dungeons. Ich habe sie alle noch in einem Ordner. Was ich aber noch sehr gut weiß, ist, für wie cool ich als 17jähriger die Idee in dem DSA-Abenteuer Die sieben magischen Kelche hielt, als die Helden dort eine Tempeltreppe raufliefen, sie immer kleiner wurden und die Ameisen auf der Treppe immer größer, bis diese echte Gegner wurden. Damals schwor ich mir, dass ich auch mal ein Abenteuerautor mit so coolen Ideen sein möchte.

Finde ich heute noch sweet!

Oder anders ausgedrückt: Auch ich habe in meinem Autorenleben stets bloß mit Wasser gekocht. Du musst aber natürlich irgendwann das Gespür dafür entwickeln, was aufregend und neu ist, und was abgedroschen und alt.

  • Welches Buch eines/einer anderen Autor*in hättest Du gerne geschrieben und warum?

Tom Finn: Harry Potter sowie die Fantasysaga Das Rad der Zeit. Was für geniale Welten.

  • Was würdest Du jemandem raten, der/die mit dem Gedanken spielt, Autor*in zu werden?

Tom Finn: „Schreib!“ Ehrlich. Mehr gibt es dazu kaum zu sagen. Aktives Schreiben sowie die ernsthafte und hingebungsvolle Beschäftigung mit Dramaturgie und anderen Aspekten des schreiberischen Handwerks sind alles, was du benötigst. Denn Schreiben ist genau das: ein Handwerk, das man mit Mühe, Schweiß und Begeisterung erlernen kann.

Wenn du dann noch jenes Quäntchen Glück hast, das es dir gestattet, ein Thema zu finden, dass dir auch ein Publikum beschert, dann steht dem schriftstellerischen Erfolg nichts im Weg.

-Seba

Veröffentlicht von Seba

Schreiberling aus Hamburg

4 Kommentare zu „„Schreib!“ – Interview mit (Rollenspiel)Autor Tom Finn

Hinterlasse einen Kommentar