Spieler-Tipp: Aktiv spielen, Spotlight einfordern

Im Rollenspiel ruht oft die Hauptlast noch immer bei der Spielleitung. Obwohl Erzählspiele und auch neuere traditionelle Spiele den Spielenden deutlich mehr eigene Initiative einräumen, werden all diese Konzepte oft über Bord geworfen, sobald man sich gemeinsam zu einem Trad-Game oder auch OSR-Spiel hinsetzt.

Das – und alles Folgende – gilt natürlich nicht für alle Spieler aber doch für ziemlich viele. Ein Rollenspielcharakter hat – spätestens seit Critical Role – oft eine Hintergrundgeschichte und/oder ein Ziel. Das ist bei OSR nicht unbedingt so, entwickelt sich aber oft dann trotzdem im Laufe des Spiels. In Traditionellen Spielen wie Das Schwarze Auge oder auch neuere Iterationen von Dungeons & Dragons ist es fast standard. Nun gibt es zwei Wege, damit umzugehen:

  1. Man hofft, dass die SL sich den ganzen Kram irgendwie merken kann und meisterhaft in das Spiel einbaut.
  2. Man baut den Kram selber in das Spiel ein.

Dazu mal ein Beispiel: Laut seiner Hintergrundgeschichte ist Alrik Alrikson ständig auf der Suche nach dem finsteren Kult, der vor 20 Jahren seine Schwester entführt hat. So die Theorie. In der Praxis wird das meistens nie wieder erwähnt werden und Alrik Alrikson beschäftigt sich Zeit seines Abenteurerdaseins mit gänzlich anderen Dingen. Das liegt nicht daran, dass die SL blöd ist. Es ist einfach ein schwieriger Job, der sowieso schon ziemlich viele Notizen und Buchhaltung erfordert.

Wenn der Spielende von Alrik Alrikson möchte, dass Alrike irgendwann wieder auftaucht, wird er oder sie die SL schon mal sanft in die Richtung stoßen müssen. Dazu mal zwei Spielszenen:


SL: Ihr betretet die Taverne. Einige Leute sind an den Tischen in Gespräche vertieft, hinter der Theke verteilt ein stämmiger Wirt Dreck gleichmäßig auf Krügen.

Alrik Alrikson: Fällt mir irgendwas Besonderes in der Taverne auf?

SL: Nicht wirklich, es ist eine typische Taverne dieser Gegend.

Alrik Alrikson: Dann frage ich mal den Wirt, ob er etwas von MacGuffin des aktuellen Abenteuers weiß.


Und so weiter. Variante 2:

SL: Ihr betretet die Taverne. Einige Leute sind an den Tischen in Gespräche vertieft, hinter der Theke verteilt ein stämmiger Wirt Dreck gleichmäßig auf Krügen.

Alrik Alrikson: Ich schaue mir die Leute in der Taverne genauer an. Trägt einer von Ihnen die Insignien des blauen Lurchgottes?

SL: Was für ein Ding?

Alrik Alrikson: Der Kult, der meine Schwester entführt hat.

SL: Ach so, klar natürlich. In der Ecke sitzen zwei verhüllte Gestalten, deren Umhänge mit blauen Broschen zusammengehalten werden. Wenn du näher herangehst, erkennst du den blauen Lurch!

Alrik Alrikson: Ich setze mich zu ihnen und lade unter dem Tisch meine Armbrust durch.


Die Spielenden dürfen und sollen durchaus ihre eigene Agenda vorantreiben und durchsetzen. Eine halbwegs erfahrene SL sollte in der Lage sein, die Geschichte aufzunehmen und weiterzuspinnen. Achtung: Wenn die SL noch sehr neu im SL-Business ist, sollte man vorher ansprechen, ob sowas okay ist! Die ersten Sitzungen ist es vielleicht sinnvoller, das ein oder andere Kaufabenteuer einfach herunterzuspielen, um ein Gefühl für das Spielleiten zu bekommen.

Aber wenn die SL schon Erfahrung hat, wird sie sich vermutlich sogar darüber freuen, wenn die Spieler selbst Handlung ins Spiel bringen. Hat man eine Runde mit 4 bis 5 Spielern, die das alle so handhaben, wird extrem viel Last von den Schultern der SL genommen.

Wie spielt ihr so?

-Seba

Veröffentlicht von Seba

Schreiberling aus Hamburg

7 Kommentare zu „Spieler-Tipp: Aktiv spielen, Spotlight einfordern

  1. @kritischerfehlschlag.de "halbwegs erfahrene SL"… ja die ist wohl Vorraussetzung. XD

    Schmerzende Erinnerung an die Anfänge meiner SL-Zeit, wo zwei Spielerinnen genau das versucht hatten, um ihre Nebengeschichte einzubauen und ich das abgewürgt habe, denn es gehörte ja nicht zur Geschichte!!!!11elf

    Man lernt halt immer dazu. 😀 Jetzt finde ich sowas super, das hilft sehr beim interessante Story weben.

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  2. @kritischerfehlschlag.de
    Ich mag Hintergrundgeschichten, die sich erst im Laufe des Spiels aufbauen, wie z.B bei The Between oder Public Access.
    So gibt es keine Verpflichtung auf Seiten der SL irgendwas einzubauen, auch muss sich niemand was aus den Fingern saugen, und man kann sich und alle anderen am Tisch immer mal wieder überraschen, was im Leben der Charaktere so passiert ist und was sie antreibt.

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  3. @kritischerfehlschlag.de
    Ach ja, und bei der Tavernenszene würde ich tatsächlich meine Spielenden fragen. Vielleicht in der Art:
    Welche ungewöhnlichen Gäste seht ihr in der Taverne? Was fällt euch an ihrem Verhalten auf?
    Je nachdem wohin ich die Szene laufen lassen will.

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  4. @kritischerfehlschlag.de Interessant, denn das geht komplett an meinen Interessen als Spieler vorbei. Ich will nicht meine Hintergrundgeschichte mitbringen. Das kann ich alleine zuhause viel detaillierter ausarbeiten und mich selbst bespaßen als wenn ich das mit der Spielleitung und den Mitspielenden "teile".

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  5. Und wie bringst du die Hintergrundgeschichte deines Charakters ins Spiel? Absprache mit der SL? Oder ist der Hintergrund des Charakters dann fürs Spiel am Tisch einfach irrelevant?

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