Shadowrun – eine Hassliebe in drei Akten

Neben OSR-Systemen ist meine zweite große Rollenspiel-Liebe Shadowrun. Aus den gleichen Gründen. Shadowrun 2.01d war das zweite oder dritte Rollenspielsystem, dass ich als Jugendlicher vor die Augen bekam. Und die ganze Ästhetik des Spiels holte mich total ab. Wir haben das dann auch ein bisschen gespielt, aber es war uns damals dann doch bald zu kompliziert, sodass wir zurück zu DSA und DnD gewandert sind. Der erste Eindruck hat mich aber nie wieder losgelassen.

Nun muss ich kurz länger ausholen: Ich habe schonmal angedeutet, dass in meinem Rollenspiel-Lebenslauf eine große Lücke klafft. (Eine Katastrophe in Vorstellungsgesprächen). Ich habe mit ungefähr 16 Jahren aufgehört, zu spielen und mit ungefähr 30 Jahren wieder angefangen. Dafür kaufte ich das damals ganz frisch erschienene DSA 5. Ich stellte schnell fest, dass das nicht das Spiel ist, das ich damals so gern mochte und beschäftigte mich dann bald mit OSR.

Dazwischen gab es aber einen ziemlich umfangreichen Ausflug mit dem kurz nach DSA 5 erschienenen Shadowrun Anarchy. Die Idee, Shadowrun mit einfachen Regeln zu spielen, holte mich extrem ab. Ich hatte mich ja schon als Kind in die Welt verliebt, das System aber für zu kompliziert befunden.

Nun ja, wer SR:Anarchy besitzt oder zumindest mal hineingeschaut hat, wird mir zustimmen, dass es auch nicht gerade die Übersichtlichkeit erfunden hat. Die Regeln sind ein bunter Mix aus traditionellem Rollenspiel und etwas willkürlich angepappten Elementen aus Erzählspielen. Nun wollte ich ja aber aus nostalgischen Gründen so spielen, wie wir es als Kinder nicht ganz hinbekommen haben. Die Erzählspiel-Elemente mussten also raus.

Weil ich schonmal dabei war, hab ich gleich noch ein bisschen mehr umgebaut und die Zeit etwas zurückgedreht. Technomancer gibt es in meinem Shadowrun nicht. Neumodischer Firlefanz. Hier gibt es noch Armbanduhren mit eingebauten Fax-Geräten. Ich fand tatsächlich einige Leute, die Lust hatten, mit mir eine Kampagne im Hamburg der sechsten Welt zu spielen. Die Kampagne lief ganz schön lang und manche Charaktere sind bis heute legendär, der Spruch „Der beste Mann für den Job“, fällt erstaunlich häufig. Nur den Retro-Futurismus fand außer mir keiner so richtig witzig, sodass der nach und nach verschwand.

Am Ende hatte ich einen wirklich gut funktionierenden Hack von Shadowrun-Anarchy. Und möglicherweise die längste zusammenhängende SR-Anarchy Kampagne im deutschsprachigen Rollenspielraum.

Nach Ende der damaligen Kampagne habe ich das Spiel aber nicht mehr wirklich angefasst. Ich war ja bis 2022 überhaupt nicht Teil irgendwelcher Online-Communitys, hatte also wenig Ahnung, was abseits des Mainstreams los war. Also hörte ich erst viel später von Alternativen wie „Der Sprawl“. Noch später kam dann „Cy_Borg“ heraus, das ich auch echt gut finde. Aber es ist eben nicht das Gleiche. Nostalgie ist irrational. Wenn ich Cyberpunk spiele, möchte ich ganz viele W6 auf, unter und um den Spieltisch werfen. Die Regeln der späteren Versionen von SR sind mir aber zu komplex.

Nach einem Gespräch auf Discord, bei dem ich leichtsinnigerweise erzählte, dass ich einen umfangreichen SR:Anarchy-Hack in irgendeiner Schublade habe, wurde ich unter Waffengewalt gezwungen (sofern ich mich richtig entsinne), das mal vorzuzeigen. Ich machte also meine Aufzeichnungen etwas hübsch und zeigte vor. Das resultierte direkt in zwei Testspielrunden. Und meine Liebe für Shadowrun war gleich wieder da.

Shadowrun – oder Cyberpunk allgemein – funktioniert fundamental anders als meine andere Rollenspiel-Liebe OSR. Ich glaube, genau deshalb mag ich es so sehr. Ich finde es insbesondere als Spielleiter unheimlich spaßig, darum ist jetzt auch schon wieder eine Kampagne in den Startlöchern, die aus den Testrunden hervorging und bald starten soll.

Ich werde also in Zukunft sicher öfter auch mal über Shadowrun schreiben. Was ich nicht kann, ist fertige Abenteuer für das System anbieten. Meine SL-Notizen für eine dreistündige Session sind für gewöhnlich 4 oder 5 Stichworte und ich habe im Moment keine Idee, wie ich meinen Hirnprozess zu Papier bringen könnte. Wenn mir etwas einfällt, sage ich Bescheid.

Sayonara, Chummers.

-Seba

Veröffentlicht von Seba

Schreiberling aus Hamburg

8 Kommentare zu „Shadowrun – eine Hassliebe in drei Akten

  1. Interesting zu lesen. Wir sind also nicht die einzige SRAnarchy-Runde (gehausregelt, Erzählelemente reduziert) in HH. Von mir sehr geliebt und der perfekte Ausgleich zu DSA 4.1 😉

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