ich hab mal drüber nachgedacht, welche Schwächen ich als SL habe. Eine ganz blöde Idee und nicht zur Nachahmung empfohlen, denn die Liste wurde immer länger. Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, versuchte ich das mal in Reihenfolge zu bringen. Meine größte Schwäche ist definitiv, dass ich keine 2 Sekunden Stille am Tisch aushalte. Während die Spielenden überlegen, was sie wohl als nächstes machen, gerate ich in Panik und lasse irgendwas passieren. Dieser Reflex ist mir sehr bewusst und ich arbeite daran, es abzustellen.

Selbstverständlich brauchen die Spielenden nämlich ab und zu einen Moment, um Informationen zu verarbeiten oder sich Dinge selbst zu überlegen. Da hilft es nicht, wenn nach dem Flugzeugabsturz direkt ein Meteorit auf die Erde kracht.
Das Problem ist: Wie erkenne ich, ob eine Pause entsteht, weil die Spielenden kurz nachdenken oder weil sie nicht wissen, was sie tun sollen? Die Antwort: Gar nicht.
Als Spielleitung muss man sich ab und zu darauf verlassen, dass die Spielenden lebende, denkende Wesen sind, die schon Bescheid sagen, wenn sie mehr Information brauchen. Aus irgendeinem Grund fällt das als Spielleitung aber oft schwer. Das könnte damit zu tun haben, dass man auch nach Jahren noch immer relativ viel Adrenalin im Körper hat, wenn eine ganze Gruppe von Spielenden einem zuhört. Aus Gesprächen weiß ich jedenfalls, dass ich nicht der Einzige mit dem Problem bin. Zen ist noch nicht erreicht.
Ich habe mich ein bisschen mit dem Thema Aktives Zuhören auseinander gesetzt. Das ist ja eine Wissenschaft für sich und eigentlich generell ein guter Skill. Als Spielleitung ist es aber besonders schwer. Gerade in Sessions, in denen viel Dialog mit NPCs oder sonstige Improvisation ansteht, ist es sehr schwierig, sich voll auf das Zuhören zu konzentrieren, anstatt sich die nächsten drei Szenen zu überlegen. Aber es kann sich lohnen, indem die Ideen und Vorstellungen der Spielenden mehr Beachtung finden. Gerade, wenn man wie ich hauptsächlich Theater of Mind spielt, ist ein typischer Fallstrick, dass vor den geistigen Augen der Leute am Tisch sehr unterschiedliche Dinge entstehen. Aktives Zuhören hilft dabei, zu verstehen, was sich die Spielenden gerade vorstellen. Dann kann man entweder Verständnisprobleme korrigieren oder – oft noch besser – seine eigene Vorstellung der der Spielenden anpassen.
Das wiederum ist auch nicht ganz leicht, weil man als Spielleitung ja naturgemäß immer einen Informationsvorsprung hat. Die SL weiß als einzige am Tisch, was der NPC drei Räume weiter vorhat. Aber es führt in meiner Erfahrung zu allseits guter Laune, wenn man seine Pläne verwirft und stattdessen das passiert, was die Spielenden spekuliert haben. Das geht nicht immer, weil manchmal Dinge voneinander abhängen aber generell kann ich nur empfehlen, so oft wie möglich die eigenen Vorstellungen über Bord zu werfen, sobald Spielende bereits eine eigene Realität manifestiert haben. Denn so komisch das klingt: Das was eigentlich passieren sollte, fühlt sich für die Spieler dann eher falsch an.
Ein Beispiel: Ich beschreibe einen Höhleneingang. Irgendwie nehmen einer oder mehrere Spielende aus der Beschreibung mit, dass die Höhle einsturzgefährdet ist. Jetzt kann ich den Spielenden entweder erklären, dass sie etwas falsch verstanden haben, oder die Höhle ist halt jetzt kurz davor zusammenzubrechen und die Spielenden können die Decke mit ein paar Balken abstützen und sich sehr clever vorkommen. Insgesamt sorgt die zweite Lösung für den besseren Spielfluss.
Ein weiteres Beispiel, dass bestimmt jeder kennt: Ich beschreibe einen NPC und spiele seine Rolle. Die Spielenden haben definitiv ein Bild vor Augen. Oft ein Vergleich zu etwas popkulturellem. Als ich jünger war, habe ich mich oft darüber geärgert, wenn Spielende NPCs Spitznamen gaben oder ihnen Aussehen oder Eigenschaften zuordneten, die nicht so gedacht waren. Mittlerweile ist mir klar, dass das menschliche Gehirn einfach so funktioniert. Man merkt sich Dinge, indem man sie mit bereits Bekanntem verknüpft. Am besten ist es also, hier voll mitzugehen. Wenn die Spielenden finden, dass sich der Tavernenwirt wie Elton John anhört, sieht er jetzt auf jeden Fall auch so aus. Und summt ab und zu Rocket Man. Das macht eigentlich den meisten Leuten Spaß.
Und all diese Informationen über die Welt und die Situation erfährt man als SL nur, wenn man einfach mal die Klappe hält und die Spielenden einfach reden lässt. Improvisation ist immer mehr Reaktion als Aktion.
Wie handhabt ihr es, wenn Spielende etwas falsch verstehen? Korrigieren oder anpassen?
-Seba
@kritischerfehlschlag.de So lange es den Plot nicht komplett torpediert, nehme ich das gerne als Anregung von Spielerseite. 😊
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@kritischerfehlschlag.de Finde Deine Herangehensweise gut, wenn man etwas einfach anpassen kann – und die Spielys es gemeinsam "falsch" verstanden haben – ist es einfacher, mit dieser Realität weiter zu machen.
Wenn sich jemand nur falsch erinnert, korrigiere ich es eher, also z.B. "Herr Rüpelt ist Abgesandter von Rostland, nicht…"
Ansonsten hatte ich schon Abende, wo die Gruppe so viel geplant hat, dass ich mich einfach zurückgelehnt habe – Hauptsache alle haben Spaß!
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Das ist der Jackpot 😀
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Also ich lehne mich gerne mal zurück und lass die Spielenden machen und Planen. In der Zeit kann ich auch in Ruhe was trinken oder etwas weg snacken.
Ich Plane auch meine Abenteuer nicht mehr wie was passiert, damit die Charaktere dahin, kommen wo sie hin sollen.
Eher schreibe ich mir Szenen auf die Passieren sollen und was darin vor kommen sollen. Wie die Spielenden da jetzt hin kommen überlasse ich mittlerweile den Spielenden.
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@kritischerfehlschlag.de
Unrealistische Empfehlung: Mal im Amateurtheater Regie führen.
Da habe ich zumindest noch mal gut beobachten und zuhören üben können. Schließlich musste ich ja nach einer geprobten Szene Feedback geben können. Zur aktuellen Szene insgesamt, der Leistung einzelner, den gespielten Vorschlägen. Und dabei dann noch möglichst das Gesamtstück berücksichtigen.
Sehr empfehlenswert 🙂
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Man sagt ja allgemein, dass auch ein bis zwei Stunden Impro-Kurs echt helfen sollen. Habe aber beides (noch) nicht versucht.
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Ich habe irgendwann für mich festgestellt, dass aus Missverständnissen, wo Spielende die Sinneseindrücke ihrer Charaktere falsch verstehen, quasi nie interessantes Spiel erfolgt. „Was, da war ein Schatz, den wir liegen gelassen haben??“ „Ja, ihr habt halt nicht richtig zugehört!“ Da finde ich es okay und auch innerweltlich okay, sie an Dinge zu erinnern, die sich direkt vor ihrer Nase befinden. Oder wenn sie Dinge aus der letzten Spielsitzung vor zwei Wochen vergessen haben, die aber in der Spielzeit nur Minuten zurückliegen. Bei so was verteile ich gerne Erinnerungen.
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