Schnell ein Abenteuer für Trad-Games basteln. Der gamistische Ansatz

Disclaimer vorweg: Als Trad-Games bezeichne ich alle Rollenspiele, die auf Skill-Checks basieren. Also neuere Versionen von DSA, DND, Shadowrun, Cthulhu etc.

Wer kennt es nicht: Morgen steht die Spielrunde an und ich als Spielleiter habe nichts vorbereitet, weil sich die neue Fallout-Serie ja nicht von alleine guckt. Es gibt relativ viele Tipps und Tricks im Netz und in Büchern, wie man schnell einen Plot für ein Abenteuer erstellt. Wir haben hier sogar einen super unübersichtlichen Plot-Generator auf der Seite: https://kritischerfehlschlag.de/abenteuer-generator/

Es gibt aber auch einen komplett anderen Ansatz, wie man ein Abenteuer schreibt. Denn ich habe schonmal in einem früheren Eintrag die These aufgestellt, das Plot gar nicht so wichtig und vor allem selten das ist, woran man sich 3 Jahre später erinnert. Denkwürdig sind Momente, in denen ein Charakter eine tolle Aktion gemacht hat oder mit wehenden Fahnen untergegangen ist. Diese These kann man als Grundlage nehmen, um ein Abenteuer zu erstellen.

Ich, wie ich ein Abenteuer gamistisch zusammenbastele ((c) Leonardo.ai)

Die typische Gruppe in Trad-Games setzt sich aus Spezialisten zusammen. Bei Cyberpunk-Systemen wie Shadowrun ist das sogar ausgesprochen vordergründig. Dort gibt es recht klare Rollen, wie das Face für soziale Dinge, den Hacker für Computer-Gedöns oder den Samurai für exzessive Gewalt. Aber auch in zum Beispiel Das Schwarze Auge hat man oft ziemlich konkrete Rollen. Gehen wir mal davon aus, dass wir DSA 5 spielen und einen Wildnis-Charakter, einen Kämpfer und einen Streuner oder Phex-Geweihten oder sowas in der Gruppe haben.

Das Abenteuer geht so: Wir haben ein paar archetypische Herausforderungen für jede dieser Rollen. Ein paar eher leicht, ein paar eher schwer. Dazu ein 08/15-Plot: „Mein Ehemann ist schon wieder weg, bestimmt betrügt mich das Schwein. Bringt ihn bitte wieder. Wenn es sein muss, lebend.“

Beim herumfragen im Ort findet der Streuner heraus, dass der Ehemann das Dorf mit zwei Fremden richtung Norden verlassen hat. Der Wildnis-Charakter nimmt die Witterung auf. Auf dem Weg begegnet der Gruppe natürlich ein Oger, der gerade zwei Köhler fressen will. Diese haben natürlich gesehen, wohin der Ehemann und die Fremden gegangen sind, falls sich der Wildnis-Charakter beim Spurenlesen zu dusselig anstellt. Schließlich erreicht die Gruppe eine Höhle. Wenn der Wildnis-Charakter gut ist, entdeckt er die drei Wachen in roten Roben und Masken, die sich halb im Gebüsch verstecken. Nachdem der Kämpfer sie niedergemacht hat, kommt der Streuner auf die Idee, die Masken und Roben anzuziehen und mal in der Höhle nachzuschauen. Drinnen kann er sich an weiteren Wachposten vorbeiflunkern, während Kämpfer und Wildnis-Typ zustimmend grunzen. Ein Kultist spricht direkt den sozial unterbelichteten Wildnis-Charakter an, Comedy-Gold! Es stellt sich heraus, dass Ehemann in Wirklichkeit der Anführer des Kultes ist und gerade im Begriff ist, einen Sack voll Welpen in die brennende Opfergrube zu werfen.

Wie gesagt, der Plot ist 08/15 aber das wichtige ist eigentlich, dass jeder Archetyp in diesem kleinen Abenteuer die Möglichkeit hat, etwas tolles zu machen oder witzig zu versagen. Manche Rollen sind natürlich etwas komplizierter einzubinden als die drei sehr klassischen im Beispiel oben. Aber es lohnt sich. Ein Gelehrter hätte zum Beispiel an der Beschreibung der Fremden schon feststellen können, dass es sich um Hunde-opfernde Kultisten handelt und hätte später in Verkleidung die richtigen Parolen oder sogar Handzeichen kennen können. Jeder Charakter sollte in einem Abenteuer die Möglichkeit haben, irgendwie zu glänzen.

Ihr bekommt das hin.

-Seba

Veröffentlicht von Seba

Schreiberling aus Hamburg

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