Rulings finden in regelleichten Systemen

Der interessante Artikel von Rakhir „Rulings over Rules – Aber wie?“ hat mich inspiriert mal ein paar ergänzende Gedanken dazu festzuhalten.

Die Idee eine grundlegende Vorgehensweise zu haben um zu einem Ruling zu gelangen halte ich für sehr sinnvoll. Wie von Rakhir vorgeschlagen sollte hierbei nicht das Rad neu erfunden werden. Im besten Fall wird eine bestehende Regelmechanik benutzt, die sich auf die aktuelle Situation anwenden lässt. Die Mechaniken die im verwendeten Regelsystem vorhanden sind, können wir hierbei als Werkzeuge in unserem Werkzeugkasten sehen. Es ist daher wichtig, einen guten Überblick darüber zu haben welche Werkzeuge mir zu Verfügung stehen, um diese dann bestmöglich einzusetzen. 

Regelleichte Systeme reduzieren die Anzahl der möglichen Werkzeuge und helfen den Überblick zu behalten.

Hier können regelleichte Systeme enorm helfen, da sie die Anzahl der möglichen Werkzeuge reduzieren und damit die Entscheidung erleichtern welches Werkzeug benutzt werden soll. 

Als Beispiel möchte ich Electric Bastionland von Chris McDowall nennen. In diesem System gibt es drei Attribute: Stärke, Geschicklichkeit und Charisma. Mit einem W20 muss der Attributswert getroffen oder unterwürfelt werden. In der Praxis wird die Attributsprobe hier mehr wie ein Rettungswurf gehandhabt. Wenn die Charaktere also etwas riskantes machen wollen, kündige ich ihnen an, was passieren kann wenn sie scheitern und lasse sie dann auf das am besten passende Attribut würfeln. Mit dieser simplen Regelmechanik können bereits 80 % aller Situationen gelöst werden. Man könnte sogar argumentieren, dass es sich hierbei nicht nur um eine Regel, sondern um eine Anleitung ein Ruling zu machen handelt. Ein weiteres Werkzeug wäre dann noch der Schicksalswürfel, um über Dinge außerhalb des Handlungsspielraums der Charaktere zu entscheiden. Es wird ein W6 gewürfelt und nach danach bestimmt was passiert. Ein mögliches Schema wäre 1: Krise/Seltenes, 2-3: Warnung/Unübliches, 4+ Normal/Zu Erwartendes.

Mit solch einem minimalistischen und soliden Regelgerüst lässt sich, meiner Ansicht nach, schon (fast) alles regeln. Ob die vorhandenen Werkzeuge für den persönlichen oder bevorzugten Spielstil ausreichend sind, muss dann jeder selbst entscheiden. Hier sollten das Bauchgefühl und der Spaß am Spieltisch wieder richtungsweisend sein. Wenn ich also immer wieder eine Unzufriedenheit bei mir oder den Spielenden bemerke, weil ich das Gefühl habe, immer wieder an einer ähnlichen Stelle keine befriedigende Lösung zu haben, lohnt es sich vielleicht auf die Suche nach einem neuen Werkzeug für meinen Werkzeugkasten zu gehen. Hier sind natürlich Regelwerke praktisch, die zu einem soliden Grundgerüst noch eine Reihe optionaler Regeln anbieten. Oder man probiert einfach viele verschiedene Spiele aus und lernt so immer mehr unterschiedliche Herangehensweisen kennen.

Ich habe z.B. beim Leiten von Mausritter, das ja auch auf Electric Bastionland (bzw. Into the odd) basiert, bemerkt wie praktisch es sein kann zu den beschriebenen Attributsproben noch eine Vorteil/Nachteil Mechanik hinzufügen zu können. Die Mechanik, die viele wahrscheinlich aus 5E kennen, ermöglicht mir ein bisschen mehr Feinabstimmung bei den Proben. So kann ich auf der einen Seite clevere Ideen besser belohnen und auf der anderen Seite besonders große Risiken auch mechanisch besser abbilden. 

Eine gute Möglichkeit zu Lernen passende Rulings zu machen, könnte also darin bestehen mal auszuprobieren ein sehr regelleichtes System zu leiten und zu versuchen die bestehenden Werkzeuge auf alle Situationen anzuwenden. In der Reflektion lassen sich dann die Stellen identifizieren mit denen man noch unzufrieden war und dafür (am besten auch im Austausch mit anderen) elegantere Lösungen finden.

Meinen eigenen Ratschlag befolgend, werde ich so (hoffentlich) mehr Zeit am Spieltisch und weniger mit dem Lesen von Regeln verbringen. Spannende Rulings wünsche ich Euch! 

Markus

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