Rollenspiele in der Schule: LEIDENschaft

Ich heiße Christoph, wurde 1980 geboren und arbeite in Baden-Württemberg an einer Sonderschule für emotionale und soziale Entwicklung. Als Kind las ich furchtbar gerne Spielbücher aus der Serie „Der Einsame Wolf“ und erlebte mit Hero Quest und Star Quest meine schönsten analogen Brettspielabenteuer. Über 30 Jahre später entschied ich mich eher spontan dazu, meiner Klasse im Morgenkreis ein Fantasy-Spielbuch vorzulesen und der Klasse die Entscheidung zu überlassen, wie die Geschichte weitergehen soll. Auf das, was dann geschah, war ich nicht wirklich vorbereitet.

Meine gesamte Klasse war durchgehend aufmerksam. Es entstanden hitzige Diskussionen über Sinn und Unsinn der Entscheidungen, und es wurde teilweise sogar emotional. Die Klasse war begeistert, und wir lasen etliche Bücher aus der Serie „Die Welt der 1000 Abenteuer“. Alle waren Feuer und Flamme für diese interaktiven Geschichten, und ich war gleichermaßen verwirrt und fasziniert, mit welcher Motivation meine Schüler bei diesen Büchern am Ball blieben und mit welcher Intensität sie die interaktiven Momente im Buch miterlebten.

Es war fast alles perfekt – aber eben nur fast. Denn oft schienen unsere Entscheidungen zwar sinnvoll, das Ergebnis war aber dennoch der Tod unseres Protagonisten. Sehr frustrierend, wenn man eine Geschichte drei Stunden lang miterlebt hat und dann nie ihren Ausgang erfährt. „Das muss doch besser gehen!“, sagte ich mir. Ohne jegliche Kontakte in der Szene  und vollkommen ohne Vorwissen stand mir eine lange, kostspielige, aber dennoch aufregende Reise bevor. Oh, wie tief war doch der Kaninchenbau. 😀

Heute bin ich ein großer Fan von minimalistischen Rollenspiele wie zum Beispiel Tiny Dungeon, EZD6, Cairn, Mausritter und Knave und weiß sehr genau was ich in einem Rollenspiele sehen möchte und was nicht. Dennoch verstehe ich mich gerade am Anfang der Reise, da ich zwar einige Erfahrung beim Spielleiten gesammelt habe, aber kaum Zeit dafür hatte, auch die Perspektive des Spielers einzunehmen. Die OSR interessiert mich, weil viele der Prinzipien dieses “herkömmlichen” Spielstils für meine Zwecke in der Schule tatsächlich unglaublich praktikabel sind. Meine Beiträge werden sich vordergründig mit dem Thema “Rollenspiel in der Schule” befassen. Jedoch handelt es sich teilweise auch um die Aufarbeitung meines Leidenswegs, ein so vielfältiges und kreatives Hobby in einer von Stunden- und Bildungsplänen, sowie Zeitvorgaben und Erwartungshaltungen geprägten Umgebung wie der Schule zu realisieren. Meine Trial & Error Herangehensweise war zeitaufwändig und zermürbend. Heute weiß ich welche Fehler ich gemacht habe, doch Eines habe ich in dieser Zeit nach wie vor nicht gefunden – ein Rollenspiel, welches ich ohne Umstände direkt in meiner Klasse hätte einsetzen können. Deswegen besteht meine tatsächliche Passion darin, meine Erfahrungen zu filtern und hilfreiche Ansätze aus bestehenden Systemen zu nutzen, um daraus, so [hier bevorzugte Gottheit einsetzen] will, ein Einsteigerollenspiel zu kreieren, welches den Namen schlussendlich auch verdient. Dass ich dieses Ziel nicht alleine erreichen kann, ist eine der Wahrheiten, die ich in den vergangenen Jahren über den kreativen Prozess erkannt habe – nicht zuletzt bin ich deswegen mit an Bord. 😀

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