Denkt mal ernsthaft darüber nach, was eure „besten“ Momente als Spieler und auch als Spielleiter im Rollenspiel waren. Ich werfe die steile These in den Raum, dass kaum jemand an den genialen Plot denkt. An NPCs vermutlich auch kaum. Woran man sich erinnert, sind Momente. Situationen, die auf besonders clevere, besonders dumme oder besonders hanebüchene Art und Weise angegangen wurden.
Beim Schreiben eines Abenteuers – und das gilt sowohl für Trad-Games als auch für Oldschool – kann man durchaus mit Absicht solche Momente der Entscheidung herbeiführen. Bei Oldschool steckt das oft sogar sehr stark in der DNA der Abenteuer und Module drin. Ein Grund, warum ich OSR sehr mag. Aber wie mache ich das?

Der Plot dagegen kann bei beiden derselbe sein. Der Fuchs hat die Gans gestohlen, bring sie wieder her. Für Plot-Ideen in Fantasy-Spielen gibt es auf dieser Homepage einen herrlich unübersichtlichen Generator zum auswürfeln: https://kritischerfehlschlag.de/abenteuer-generator/
„Ja, und“ – eine Frage des Szenarios.
Die besten Momente schaffen sich Spieler in der Regel selbst, die Kreativität muss aber angeschubst werden. Es gibt dieses sehr breit getretene „Ja, und“-Prinzip aus dem Impro-Theater, das gern als Tipps für Spielleitungen herangezogen, dann aber schlecht erklärt wird. In meinen Augen deshalb, weil man ein offenes, relativ gutes Szenario braucht, damit das Prinzip funktioniert. Welches Szenario gut ist und im Rollenspiel funktioniert, erkennt man, befürchte ich, wirklich erst, wenn man es ein paar Mal versucht hat. Ich versuche im Folgenden, das „Ja, und“-Prinzip etwas weniger schlecht zu erklären.
Probiert mal folgendes Szenario für eine „Ja, und“-Spielrunde ohne weitere Vorbereitung: Es ist jetzt 12 Uhr Mittags am Freitag. Morgen Abend wird die neue Königin von England im Westminster Abbey gekrönt. Bis dahin wird die Krone im Buckingsham Palace aufbewahrt. Nach der Zeremonie geht sie zurück in den ungleich schärfer bewachten Tower of London. Die Mission ist, die Krone durch eine Fälschung zu ersetzen.
Das Szenario funktioniert, weil es wenig Unbekannte hat. Die meisten Spieler:Innen verstehen, was los ist und wo sie sind, die Mission ist klar und es gibt viele mögliche Lösungen. Man kann in den Buckingham Palace einbrechen oder sich einschleusen, man kann die Krone bei einem Transport abfangen, man kann Sie während der Krönung austauschen, man kann sie beim Transport in den Tower abfangen, man kann in den Tower einbrechen etc. pp. Es macht als Spielleitung überhaupt keinen Sinn, jede mögliche Lösung vorzubereiten. Es SOLLTE überhaupt keine „richtige“ Lösung geben. Es gibt „Ja, und“.
„Wird die Krone in einer Kutsche transportiert?“ „Ja, und euer Auftraggeber hat einen Kontaktmann im Stall des Palasts“.
„Gibt es eine Möglichkeit, schon heute Abend in den Palast zu kommen?“ „Ja, es gibt eine Gesellschaft mit den höchsten Vertretern vom House of Lords und dafür werden noch Bedienstete gesucht“.
„Kann ich Feuerball casten?“ „Ja, und der ganze Keller des Buckingham Palace ist voller Fässer mit Lampenöl.“
Spieler sind glücklich, wenn sie selber auf die Lösung kommen. Als Spielleiter in einem „Ja, und“-Szenario geht es darum, dass JEDE Lösung erfolgreich sein kann.
Das Problem mit den Skills
Was in einem solchen Szenario Oldschool Spiele von Trad Games unterscheidet, ist die Möglichkeit des Scheiterns. Oldschool mag tödlicher sein etc. etc. aber in Trad Games ist es viel leichter, ein Szenario in eine Sackgasse zu fahren.
Sagen wir, die Spieler:Innen haben entschieden, sich als Lords zu verkleiden, um an der Feier im Buckingham Palace teilzunehmen. Bei Oldschool kein Problem. Als SL denke ich mir ein bis zwei Probleme aus, wie die Kostüme zu beschaffen sind und gut ist.
Bei Trad Games? Es gibt da diesen „Verkleiden“-Skill. Wenn es den gibt, müsste man ihn doch auch einsetzen? Was, wenn ein oder mehr Spieler den Skillcheck nicht schaffen?
Das ist jetzt nur ein Beispiel. Es gibt viele Möglichkeiten, etwas nicht zu schaffen, wenn es viele Skills gibt. „Ja, und“ wird also natürlich ungleich schwerer, weil die Spielleitung jetzt auch noch improvisieren muss, wenn etwas nicht funktioniert.
Was ist die Lösung? Keine Skill-Checks abfragen, wenn ich als SL möchte, dass etwas funktioniert? FÜR MICH fühlt sich das wie schummeln an.
Wie macht ihr das?
-Seba