In verschiedenen Welten denken

Ihr Spielleiter:innen, leitet ihr parallel Abenteuer oder Kampagnen in unterschiedlichen Welten und Systemen? Oder lieber nacheinander? Oder spezialisiert ihr euch auf euer Stammsystem?

Mir ist nämlich diesbezüglich was bei mir aufgefallen: Ich leite sehr gerne unterschiedliche Kampagnen parallel, aber ich kann mich immer nur auf eine davon gleichzeitig konzentrieren. Aktuell habe ich vor allem zwei Kampagnen am Laufen:

  • Zalú: Eine offene Runde, die ich mit Swords & Wizardry bespiele. Die Welt ist inspiriert von Swords & Sorcery und Hieronymus Busch – alles ein bisschen überzeichnet und mit moralischen Fragen durchzogen.
  • Erde & Wasser: Ein 5E-Megadungeon, das sich mehr an den modernen D&D-Konventionen orientiert. Die Charaktere sind Held:innen, denen wir bei ihrer Reise über die Schultern schauen.

Außerdem bereite ich gerade ein Cthulhu-Abenteuer vor, das ich als Oneshot auf einem Rollenspielwochenende meines erweiterten Freundeskreises spielen will.

Zalú und Erde & Wasser spielen wir in der Regel je 1-2x im Monat. Und obwohl beides Fantasy ist, schlüpfe ich jeweils in unterschiedliche „Modi“ der Spielleitung. Zalú verlangt meinen OSR-Modus, wo ich möglichst objektiv bleibe, während ich bei Erde & Wasser mehr über Taktik, Encounter Design und Spannungsbögen nachdenke.

Die Welten „fühlen“ sich auch einfach anders an. Dass Gnolle einst Menschen waren, die Menschenfleisch gegessen hatten und dafür verflucht wurden, und nun andere Menschen einfangen und in grausamen Ritualen zu ihresgleichen „konvertieren“, passt hervorragend in die düstere Welt von Zalú, aber nicht in die von Erde & Wasser.

Das ist ein bisschen wie Arm Day und Leg Day im Krafttraining, weil es verschiedene „Muskeln“ meiner Spielleitung beansprucht. Ich freue mich auch jedes Mal, wenn ich zur anderen Kampagne oder einem anderen Projekt wechseln kann, weil sich dann wieder neue Ideen angestaut haben. Aber es beschränkt mich auch ein bisschen, denn wenn ich gerade über Paris im Jahr 1913 nachdenke, fällt es mir wahnsinnig schwer, kurz über Zalú nachzudenken, weil mir ein Spieler eine Frage zu seiner Downtime-Aktion geschickt hat. Die Frage beantworte ich dann oft erst Tage später – zum Leidwesen des Spielers…

Manchmal würde ich mir wünschen, ich könnte mich auf eine einzige Welt, ein einziges System gleichzeitig beschränken. Wie viel produktiver ich dann sein könnte, wie eng getakteter man sie bespielen könnte! Aber ich befürchte auch, dass mich das irgendwann langweilen würde. Von Isaiah Berlin gibt es die Unterscheidung von Gelehrten in Igel und Füchse: Igel bearbeiten geduldig einen kleinen Flecken Erde und kennen sich dort hervorragend aus; Füchsen eilen ungeduldig umher und haben breiteres, aber oberflächlicheres Wissen.

Ich war schon immer ein Fuchs. Und ihr?

Veröffentlicht von Rackhir

Autor von Zalú und zu vielen anderen Projekten gleichzeitig.

4 Kommentare zu „In verschiedenen Welten denken

  1. Geht mir ähnlich – ich habe eigentlich mehr Projekte als Zeit und Energie. RPG- und Wargame-Kampagnen, Brettspiele, Regelwerkschreiben …

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  2. Projekte: Sehr stark parallel

    Kampagnen: In der Praxis vielleicht ein oder zwei in akutem Stadium – wobei ich wiederholt zu Protokoll gegeben habe (und es jetzt wieder tue!), dass ich subakute (chronische?) Kampagnen als ruhend denn als beendet betrachte – ich könnte die allesamt jederzeit wieder aufnehmen (und arbeite – siehe Projekte – sogar an ihnen), aber es ergibt sich eben zur Zeit nicht

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