Die offene Runde: Einführung

Ich leite eine Swords & Wizardry-Kampagne namens Zalú. Sie ist eine „offene Runde“ im Stil des West Marches-Konzepts oder eines Open Table. (Die Unterschiede zwischen diesen beiden Konzepten kann ich nicht mehr so genau artikulieren. Beide haben mich inspiriert und fasziniert, deshalb verwende ich die Begriffe auch durcheinander. Aber lest die Artikel selbst, ich fand sie sehr anregend!) Jedenfalls möchte ich in diesem Beitrag zeigen, wie diese Runde funktioniert und warum ich sie aktuell so gerne spiele.

Der Kernpunkt einer offenen Runde ist simpel: Es gibt keine fixe Gruppe von Spielenden – mitspielen kann jede/r, der/die anwesend ist. Ich habe für Zalú einen Kern von etwa 10 Personen, die unterschiedlich häufig an Spielsitzungen teilnehmen. Da wir online spielen, habe ich eine Obergrenze von sechs Spielenden pro Termin.

Das hat verschiedene Vorzüge und Auswirkungen auf die Art des Spiels. Zunächst die Vorzüge aus meiner Sicht:

  • Wechselnde Konstellationen schaffen Abwechslung. In der einen Sitzung hat man eine rauflustige Gruppe mit vielen Tanks, in der nächsten eine vorsichtige aus lauter Castern. Es ist interessant zu beobachten, wie die Zusammensetzung die Herangehensweise an Herausforderungen beeinflusst. Auch für die Spielenden kann es interessant sein, dadurch neue Leute kennenzulernen.
  • Die Spielenden können Gruppen für spezielle Aufgaben zusammenstellen. Um den Friedhof von Ghoulen zu säubern, ist eine Gruppe aus Kleriker:innen und Elf:innen bestens geeignet, für den Einbruch im Königspalast braucht es Dieb:innen.
  • Es ist kein Problem, wenn jemand absagt oder kurzfristig mitspielen möchte. Ein Spieler ist krank? Sein SC bleibt dieses mal eben zuhause.

Diese Struktur hat verschiedene Auswirkungen auf die Spielweise:

  • Eine fixe Storyline ist schwer durchzuziehen, zumindest nicht im Mittelpunkt der Kampagne. Einen Metaplot kann und darf es durchaus gehen, aber „Die Sieben Gezeichneten“ wird man schwer als offene Runde umsetzen können. Geschichten entwickeln sich emergent.
  • Das Spiel ist episodenhaft, ähnlich wie in klassischen Fernsehserien. Da hilft es, ein klares framing device zu haben, das Anfang und Ende einer Episode markiert. In Zalú ist es die Abenteurergilde, der alle SC angehören. In jeder Sitzung brechen sie von dort auf, um die Ruinen der sagenhaften Elfenstadt Uyovu zu erforschen. Da sich aber kein Sterblicher nach Sonnenuntergang in den Mauern Uyovus aufhalten kann, ohne Wahnsinn und Tod zu riskieren, kehrt die Gruppe zum Ende einer Sitzung wieder dorthin zurück. Ich als SL kann das Pacing dadurch steuern, dass ich zum einen zu Beginn ansage, bis wann das Spiel gehen soll (in Realzeit), zum anderen indem ich im Spiel den aktuellen Sonnenstand erwähne.
  • Man schafft Kontinuität zwischen den wechselnden Gruppen durch ein gemeinsames Wissensmanagement. In der originalen West Marches-Kampagne geschah dies durch eine gemeinsam geführte Karte der Spielwelt. In Zalú gibt die Gildenchefin (ein NSC) kleine In-Game-Belohnungen für schriftliche Expeditionsberichte aus, die in einem Kanal unseres Discords gesammelt werden.

Zalú ist casual play, ohne das irgendwie wertend zu meinen. Wir spielen alle paar Wochen eine kurze Expedition von etwa 2,5 Stunden in die Ruinen Uyovus und am Ende sind alle ein paar HP ärmer und ein paar XP reicher. Das ist für manche Spielenden durchaus ein gutes Argument, weil man problemlos fehlen kann ohne die anderen im Stich zu lassen oder den Anschluss zu verlieren. Ich will gar nicht behaupten, dass dies eine bessere Form des Spiels ist, es ist schlicht anders als meine normalen Kampagnen und die Runden, in denen ich sonst mitspiele. Und ich hoffe, ich konnte hier ein wenig deutlich machen, was mich daran anspricht. Mehr Details folgen im nächsten Post.

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6 Kommentare zu „Die offene Runde: Einführung

  1. Es gibt viele Leute, die das schon viel länger machen als ich. Und Multi SL Open Table im selben Setting ist nochmal komplexer, da ziehe ich den Hut vor.

    Zum Setting Zalú erzähle ich mit der Zeit auch noch mehr, das macht mir sehr viel Freude.

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