OSR: Warum eigentlich Fallen und wie setze ich sie ein?

Fallen gehören zum Oldschool-Dungeoncrawl dazu. Warum eigentlich? Das lässt sich mit der Grundprämisse des OSR-Spiels erklären: Der Dungeon ist eine Herausforderung für die Spieler:Innen. Es gibt im Großen und Ganzen drei Arten von Herausforderungen in Dungeons: Monster, Rätsel und Fallen. Oft ist die Herausforderung aber auch eine Kombination aus zwei oder gar allen drei Aspekten. Aus der Prämisse, dass Fallen eine Herausforderung sein sollen, leiten sich mehrere Erkenntnisse ab.

  1. Fallen sollten nicht überraschend sein.
  2. Die Falle sollte „lösbar“ sein.
  3. Die Falle sollte das Spiel interessanter machen.
  4. Die Falle sollte zum Thema des Dungeons passen.

Punkt 1: Fallen sollten nicht überraschend sein

Mit 3-Meter-Stange wär das nicht passiert. ((c) Leonardo.ai)

Das klingt vielleicht widersprüchlich, denn im „echten Leben“ sollen Fallen ja durchaus überraschend sein. Im Spiel führt es aber schnell zu Frust, wenn alle Fallen perfekt getarnt und tödlich sind. Eine gute Falle für ein Oldschool-Spiel ist eher eine Mausefalle als ein Minenfeld. Es ist meist weniger interessant, eine versteckte Falle zu suchen, als eine sichtbare Falle zu entschärfen, zu umgehen oder Feinde in sie hineinzulocken. Es gibt einen Köder – das kann ein Schatz oder auch einfach das Weiterkommen sein – und es gibt einen mehr oder weniger sichtbaren Mechanismus oder zumindest eine faire Chance, die Falle zu erkennen. Wenn es diese Chance nicht gibt, wird der Dungeoncrawl entweder zu einem endlosen Abklopfen jedes Millimeters von Boden, Decken und Wänden oder die Spieler:Innen haben schnell einfach keine Lust mehr. Ab und zu kann man natürlich trotzdem mal eine Überraschung einsetzen. Insbesondere dann, wenn die Falle den Punkt 3 – sie macht das Spiel interessanter – in besonderer Weise erfüllt. Faustregel: In einem einzigen Dungeon sollten nicht mehr als zwei verschiedene Arten von Fallen sein. So lassen sich Muster leichter erkennen. Gilt natürlich nicht für „Mega-Dungeons“.

Einige Beispiele:

  • Eine offene Fallgrube erstreckt sich über die ganze Breite des Ganges, der weitere Korridor ist in magische Dunkelheit gehüllt. Sollte man an der Wand entlang klettern, herüber springen oder einen ganz anderen Weg suchen?
  • Auf einem Podest steht ein goldenes Idol. Es ist offensichtlich, dass das Podest senkrecht beweglich ist. Wie bekommt man den Schatz da runter, ohne den Mechanismus auszulösen?

Punkt 2: Die Falle sollte „lösbar“ sein

In diesem kleinen Heft haben wir hoffentlich einige gute Beispiele für Fallen gesammelt, die von einer aufmerksamen Gruppe gefunden und/oder entschärft werden können. Es gibt aber auch Möglichkeiten, die Anwesenheit einer Falle vorwegzunehmen, ohne sie klar erkennbar zu machen.

Einige Beispiele:

  • Eine Waffenkammer wurde komplett geplündert. Gut sichtbar und mitten im Raum steht eine Vitrine mit einem verzierten Schwert darin. Warum ist es nicht weg? Wahrscheinlich, weil es mit einer Falle gesichert wurde.
  • In Raum 3 des Dungeons finden die Charaktere eine ausgelöste Falle mit mehreren toten Opfern. Später betreten sie Raum 14, der exakt genauso aussieht wie Raum 3. Wahrscheinlich ist hier auch die gleiche Falle installiert.
  • In Raum 2 des Dungeons laufen die Charaktere in eine einfache Falle und lösen sie aus. Sie stellen fest, dass sie von Bewohnern des Dungeons oder vielleicht Grabräubern oder ähnlichem installiert wurde. Die Charaktere sind nun vorgewarnt, dass es Fallen gibt. Im Folgenden dürfen diese immer gefährlicher werden.
  • Vier Gargoyles stehen in einem Raum, aus den Mäulern von dreien von Ihnen fließt Wasser. Aus dem vierten Maul nicht. Warum?
  • Man kann ein Muster einbauen und Fallen immer in Räumen unterbringen, in denen auch bestimmte Statuen stehen. Nach zwei oder drei solcher Räume begreifen die Spieler:Innen hoffentlich, dass es sich hier vermutlich um Fallenräume handelt.
  • Ein Tipp insbesondere für neue Spieler:Innen: Sie kommen früh an eine Karte, auf der Fallenräume markiert sind. Sie wissen aber nicht, was für Fallen es sind und wie man sie auslöst.

Punkt 3: Die Falle sollte das Spiel interessanter machen

Wir spielen ein Spiel. Fallen sind nicht in erster Linie dazu gedacht, Charaktere zu töten. Idealerweise geben sie dem Dungeon einen besonderen Kniff. Wie kann das aussehen?

Einige Beispiele:

  • Die Charaktere wollen einen Schatz aus einem Dungeon bergen. In Raum 3 fallen sie in ein Loch, dass sie in Raum 42 in Dungeon-Level 3 befördert. Plötzlich ist aus der Schatzsuche ein Kampf ums Überleben und Entkommen geworden. Die einfachere Variante ist die Falle, die den Eingang zerstört. Die Gruppe muss also einen neuen Ausgang finden.
  • Die Charaktere tappen in eine Fallgrube und finden sich in einem fünf Meter tiefen, mit Wasser gefüllten Loch wieder. Oben erscheinen 5 Goblins mit Kurzbögen. Aus den Kanonenfutter-Feinden ist plötzlich ein echtes Problem geworden.
  • Die Charaktere können die Falle nutzen, um Feinde hinein zu locken.
  • Die Falle lässt sich ab- und an anderer Stelle wieder aufbauen.

Punkt 4: Die Falle sollte zum Thema des Dungeons passen

Jede Umgebung hat ein Thema. Idealerweise sollten die Fallen so gestaltet sein, dass sie dieses Thema verstärken und ausdrücken. Dabei geht es auch um Plausibilität: Mit der Zeit verlieren Federn Spannung und Gift seine Wirkung. Wenn eine Falle ausgelöst wird, wie wird sie zurückgesetzt?

Einige Beispiele:

  • Im Tempel von Yersinia der Pestgöttin arbeiten die Fallen mit Kontaktgiften, herabfallendem Grünschleim und Giftgasen.
  • Das Hauptquartier der Diebesgilde ist voll mit mechanischen ausgelösten Speerfallen und Giftpfeilen. Nur das Führungspersonal der Gilde weiß, welche Kacheln, Treppenstufen und Hebel gefährlich sind.
  • Die Waldgoblins wollen mit ihren Fallen lebendige Gefangene machen, die sie den Geistern opfern und danach essen können. Dafür verwenden sie Fallgruben mit Widerhaken, Schlingen und Netze.

Seba und Rackhir

Veröffentlicht von Seba

Schreiberling aus Hamburg

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