Die Offene Runde: Spielablauf

Wie spielt es sich an meinem Open Table? Nachdem ich das Konzept eingeführt und seine organisatorische Umsetzung erläutert habe, erkläre ich in diesem Beitrag den Spielablauf in unseren Sitzungen. Diese besteht aus zwei getrennten Phasen: der Expedition und der Downtime. Um die Phasen zu erklären, ordne ich sie direkt in den zeitlichen Ablauf der Sitzung ein.

20.00 Uhr: Auftakt

Nachdem sich alle in Discord und Roll20 eingefunden haben, geht es mit dem Vorgeplänkel der Expedition los. Ich teile den Spielenden ein Ereignis mit, das sich seit der letzten Expedition zugetragen hat. Das kann entweder ein Resultat von einer 1W20-Zufallstabelle sein (z.B. „Dunkle Sternenkonjunktion: alle chaotischen Wesen bekommen +2 auf RW, Untote gelten als eine Stufe höher beim Vertreiben“) oder etwas, das sich aus dem voranschreitenden Metaplot ergibt („Eine Karawane wurde von Harpyien überfallen, die mehrere Mitglieder entführt und Richtung Uyovu verschleppt haben. Seitdem redet man in Heram über fast nichts anderes mehr.“)

Als nächstes darf jede/r einmal auf der Gerüchtetabelle würfeln, die ich zwischen den Sitzungen aktualisiere. Dadurch bekommen die Spielenden Hinweise auf Schätze, Bedrohungen, NSCs oder Plots.

Dann wird entschieden, wo die heutige Expedition hingeht. Meist habe ich das schon vorher im Discord angefragt, um mich gezielt vorzubereiten, aber diese Entscheidung kann sich aufgrund der Ereignisse und Gerüchte auch noch kurzfristig verändern. Sobald sich die Gruppe geeinigt hat, welche Location heute ihr Ziel ist, haben alle noch die Gelegenheit, Ausrüstung zu beschaffen oder Mietlinge anzuheuern.

20.20 Uhr: Die Expedition beginnt

Ich würfele für eine Zufallsbegegnung auf dem zweistündigen Weg durch die Wüste zur ruinierten Elfenstadt Uyovu (1 in 6 Chance).

Die Expedition ist ein ganz normaler Dungeoncrawl, in dem die Gruppe ein bestimmtes Ziel in Uyovu erforscht – ein Turm, ein Torhaus, ein Tempel, eine Bibliothek, oft mit Kellern darunter. Die Locations sind zwar auf einer Hexkarte angeordnet, aber ein richtiger Hexcrawl durch die ruinierte Stadt ist das nicht – ernsthafte Hexcrawl-Mechaniken würden es zu schwer machen, weiter innen liegende Felder zu erreichen und im Rahmen einer Sitzung zu erforschen. Vielmehr gehen wir davon aus, dass sich die Gruppe mit Vorsicht durch die Ruinen zum Ziel schleicht und dabei allen Bedrohungen aus dem Weg z gehen weiß.

Die einzige Ausnahme hierzu ist, wenn das gewählte Eingangstor in die Stadt irgendwelche Hindernisse aufweist. Zum Beispiel hat sich am Roten Tor ein Nekromant eingenistet, der sich „Der Pestmeister“ nennt und mit seinen teuflischen Dienern alle dazu zwingt, sich in einer Audienz bei ihm vorzustellen. Früher wurde das Rote Tor von einer Räuberbande bewacht, die Wegzoll verlangt hat. Will man zu einer Location hinter dem Roten Tor, muss man sich mit diesen NSCs auseinandersetzen.

Damit die episodische Natur der offenen Runde funktioniert, muss am Ende jeder Expedition die Rückkehr in die Gilde im Oasendorf Heram stehen, damit sich die Gruppe für die nächsten Expeditionen wieder neu aufteilen kann. Um das zu forcieren, gibt es einen innerweltlichen Grund: Wer sich bei Sonnenuntergang noch innerhalb der Mauern Uyovus aufhält, erleidet ein düsteres Schicksal. Die Spielenden haben schon mehrere NSCs angetroffen, die über Nacht in den Ruinen waren, und sie alle waren welchen von den Höllenfürsten und Elfenmagiern verfallen, die über die Stadt herrschen. Auf dem Heimweg fällt natürlich noch eine Probe auf eine Zufallsbegegnung an.

22.30 Uhr: Downtime

Nachdem die Abenteurer:innen (hoffentlich) wieder zur Gilde zurückgekehrt sind, wechseln wir in die Downtime-Phase. Hier werden Ereignisse der nächsten Tage und Wochen bis zur nächsten Expedition zusammengefasst und die nötige Buchführung erledigt. Dies geschieht in den folgenden Schritten:

  • Beute versilbern: Einfache magische Gegenstände werden identifiziert und verteilt, Trophäen im Gildenhaus platziert und alles Wertvolle wird zu Geld gemacht. 5% des Erlöses geht an die Gildenkasse (und verschwindet damit praktisch aus dem Spiel), der Rest wird unter den beteiligten SC aufgeteilt.
  • XP abrechnen: Für jede gewonnene Goldmünze gibt es einen Erfahrungspunkt, dazu noch weitere XP für überwundene Feinde.
  • Alle SCs zahlen Lebenshaltungskosten in Höhe von aktuell 25 GM. (Das Leben in einer Goldgräbersiedlung ist teuer.)
  • Ausheilen: Alle Charaktere regenerieren ihre vollständigen Trefferpunkte.
  • Jeder gespielte Charakter erhält eine Downtime-Aktion und kann etwas für den Ausbau der Gilde spenden. Für letzteres gilt, dass pro 5 GM der Gildenstatus um einen Punkt steigt. Dieser Statuswert zeigt abstrakt an, wie bekannt die Gilde in Heram ist. Sein praktischer Zweck besteht darin, dass der Gildenstatus die Untergrenze für die XP von Spielercharakteren darstellt. Damit soll die Spanne zwischen den Charakteren ein bisschen verkleinert werden (auch wenn wir aktuell alles von Level 2 bis 5 am Start haben). Außerdem ist dann der Verlust eines Charakters nicht mehr ganz so hart.

Downtime-Aktionen sind eine besondere Klasse von Aktionen, z.B. den Aufbau von NSC-Kontakten, ein Stufenaufstieg, die Suche nach Spezialaufträgen, aber auch das Zechen. Das involviert eine Reihe von Tabellen, die ich in einem weiteren Post darstellen werde, ebenso wie meinen Vorbereitungsprozess als SL.

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6 Kommentare zu „Die Offene Runde: Spielablauf

  1. Mal wieder sehr interessant!

    Das hat mir einige Fragen beantwortet, die ich immer beim Open Table Konzept hatte. Gerade mit den Zeitangaben ist das hilfreich. Dazu aber noch zwei Nachfragen:

    Ab wann startet die Rückreise?

    Und wie lange braucht ihr für die Downtime-Phase? 30 Minuten?

    Mich würde auch interessieren: Dieses doch eher enge zeitliche Korsett, in das alles passen muss… wie schwierig / stressig / nervig ist das für dich als Spielleitung? Oder ist das sogar entspannter so?

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  2. Hi, vielen Dank für den netten Kommentar!
    Zu den Fragen:
    – Wir setzen vorher eine Uhrzeit, bis wann Uyovu verlassen sein muss (üblicherweise 22.30 Uhr). Danach kommt noch die Rückreise, aber die besteht nur aus einem Check für Zufallsbegegnungen, vielleicht ein bisschen Rollenspiel.
    – Downtime dauert im Durchschnitt 20 Minuten. Wenn sich da komplexere Fragen ergeben (meist bei den Downtime-Aktionen), regeln wir die im Nachgang entweder per Direktnachricht oder im Chat.
    – Das Korsett ist für mich eher Hilfe als Hindernis. Weil ich weiß, dass ich den Spielenden für gut zwei Stunden richtig Stress machen kann und sie aber spätestens dann aus Eigenantrieb die Expedition beenden. Das grenzt dieses „einen Raum noch“-Phänomen ein. Außerdem sind wir alle nicht mehr die Jüngsten und spielen meistens unter der Woche; da wollen alle zu einer vernünftigen Zeit Schluss machen.
    Der Zeitrahmen ist aber bewusst auf ein schlankes OSR-System kalibriert. Würden wir 5E statt Swords & Wizardry spielen, wo selbst kleine Kämpfe locker eine halbe Stunde dauern und der „Adventuring Day“ auf viele Encounter ausgelegt ist, wäre die Spieldynamik eine andere und bräuchte eventuell mehr Zeit.

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